Auch in Dubai Angst vor der Schweinegrippe
von Myriam AlexowitzWeltweit herrscht die Angst vor der sich langsam offenbar ausbreitenden Influenza-Epidemie, bekannt als Schweinegrippe oder neuerdings als Mexiko-Grippe. Auch in Dubai werden Vorkehrungen getroffen, um den Ausbruch der Grippe zu verhindern.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) meldete am Samstagabend 4150 bestätigte Infektionen in 29 Ländern. Davon entfallen mehr als 1500 auf Mexiko, rund 2250 auf die USA und etwa 280 auf Kanada. Aus Angst vor der Seuche haben weltweit 20 Länder die Einfuhr von Schweinen, Schweinefleisch und anderen Tierprodukten gestoppt. In den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) kam es in den letzten Tagen zu Panikeinkäufen von Grippemedikamenten und die Regierung traf verschiedene Vorsorgemaßnahmen. Trotz des bei den Muslimen herrschenden Schweinefleischverbots sind die islamischen Länder aufgrund des internationalen Flugverkehr und der Globalisierung im aktuellen Fall genauso gefährdet wie jedes andere Land auch. Dubai-Reisende können sich also nicht in vollkommener Sicherheit wiegen.
Täglich landen auf dem Internationalen Flughafen in Dubai etwa 100.000 Passagiere aus aller Herren Länder, – für ein Virus die ideale Bedingung, um sich schnell zu verbreiten. Der stellvertretende Ministerpräsident Shaikh Hamdan Bin Zayed Al Nahyan, der auch Vorsitzender der „Red Crescent Authority“ und des „National Emergency Committee“ ist, bestätigte in den Gulf News, dass Präventionsmaßnahmen eingeleitet werden. Aus diesem Grunde trafen sich in den letzten Tagen Gesundheitsexperten sowie Abgeordnete des Gesundheitsministeriums, um einen Aktionsplan und Richtlinien auszuarbeiten. Dazu gehören u. a. die Bereitstellung entsprechender medizinischer Ausrüstung und Schutzkleidung sowie die Einrichtung von Isolierstationen. Für das medizinische Personal finden jetzt regelmäßige Trainingseinheiten für den Ernstfall statt und auf der Internetseite www.moh.gov.ae/en/ werden aktuelle Informationen über den Stand der Pandemie bereitgestellt. Auch eine eigens dafür eingerichtete Hotline in Zusammenarbeit mit der WHO hilft Ratsuchenden sich über die neusten Erkenntnisse zu informieren.
Weitere Maßnahmen betreffen den Flugverkehr. Die Flugbesatzung von Maschinen aus Ländern mit Schweinegrippe sind angewiesen worden, auf Passagiere mit Symptomen zu achten und diese zu melden. In den Ankunftshallen der internationalen Flughäfen in Dubai, Abu Dhabi und Sharjah wurden Wärmekameras installiert, welche die Körpertemperatur der ankommenden Gäste auf Fieber testen sollen. Auffällige Passagiere werden in der medizinischen Einrichtung des Flughafens vom Ärztepersonal nach einem Vier-Punkte-Check voruntersucht, danach entlassen oder bei der Intensivierung des Verdachts auf dem Flughafengelände erstversorgt und dann ins Krankenhaus überwiesen. Um welche Art von Influenzaerkrankung es sich handelt, kann letztlich nur im Labor festgestellt werden. Die Symptome der Mexiko-Grippe ähneln denen einer normalen Grippe, dazu zählen: hohes Fieber, Schüttelfrost, Kopf-, Muskel- und Gliederschmerzen, Husten und Schnupfen bis zur Atemnot. Einige angesteckte Menschen klagten bislang auch über Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Der Tod tritt infolge einer schweren Lungenentzündung ein. Bei der Schweinegrippe sind nicht nur schwache oder kranke Menschen, sondern auch junge, gesunde Erwachsene gefährdet. Die Inkubationszeit (Zeitspanne zwischen Ansteckung und Erkrankung) ist recht kurz, wenige Stunden bis wenige Tage, in denen die Infizierten aber bereits ansteckend sind. Die Übertragung des A/H1N1-Virus findet beim Kontakt zwischen Mensch zu Mensch durch Tröpfcheninfektion, etwa durch Reden, Niesen, Husten Küssen, sowie über das Händegeben statt. Eine Übertragung durch Verzehr von Schweinefleisch soll laut Auskunft der amerikanischen Seuchenschutzbehörde CDC nicht vorkommen, da durch das Erhitzen des Fleisches zwei Minuten lang auf mindestens 70 Grad Celsius (Kerntemperatur) das Virus sicher abtötet wird. Die gleiche Unbedenklichkeit gelte für Parmaschinken, da dieses Produkt einen Herstellungsprozess bereits hinter sich hat.
Die Bezeichnung Schweinegrippe bezog sich bis dahin ausschließlich auf die beim Hausschwein vorkommende Erkrankung Schweine-Influenza, die durch klassische, porzine (dem Schwein zugehörende) Influenzaviren hervorgerufen wird. Die neue Virusvariante entstand höchstwahrscheinlich durch eine Neukombination des Erbguts aus vier verschiedenen Influenzaviren in einem Schwein. Die einzelnen Gensegmente stammen von einem nordamerikanischen Schweine-Influenza-Virus, dem Virus einer nordamerikanischen Vogel-Influenza, einem menschlichen Influenzavirus sowie einem Schweine-Influenza-Virus eurasischer Herkunft. Diese Kombination war vorher noch nicht aufgetreten. In der Vergangenheit sind Schweine-Influenza-Viren der Stämme H1N1 und H1N2 bereits auf Menschen übergesprungen, die mit Schweinen Kontakt hatten. Neu ist jetzt jedoch die hoch ansteckende Form des Virus, die sich von Mensch zu Mensch übertragen kann. Erstmals gibt es damit auch Infizierte, die keinen unmittelbaren Kontakt zu befallenen Tieren hatten. Entdeckt wurde diese neue Variante von Influenzaviren des Subtyps A/H1N1 Mitte April 2009 in zwei Patientenproben. Beide Personen erkrankten Ende März unabhängig voneinander in den USA. Die intensive Suche nach dem Ursprungsland der Ausbreitung verwies auf Mexiko, wo gegen Ende April eine ungewöhnlich starke saisonale Grippewelle ihren Höhepunkt erreichte. Nach Informationen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) besteht seit Ende April 2009 das Risiko einer weltweiten Verbreitung (Pandemie).
Einen präventiven Impfstoff gegen das aktuell grassierende Virus gibt es derzeit noch nicht. Um die Ausbreitung der Grippe in Schach zu halten, werden infizierte Menschen derzeit mit dem antiviralen Medikament Tamiflu von Roche behandelt. Nach Angaben von US-Behörden wirkt auch das Präparat Relenza von GlaxoSmithKline. Die beiden Arzneien mit den Wirkstoffen Oseltamivir bzw. Zanamivir sind Neuraminidase-Hemmer. Sie blockieren die Eiweißstruktur an der Virushülle und neu gebildete Influenza-Viren können die Wirtszelle nicht mehr verlassen. Der Erreger kann sich nicht weiter im Körper ausbreiten und die Auswirkungen der schweren Grippekomplikationen. können mit den Medikamenten verhindert werden. Tamiflu gibt es als Tablette oder Saft, Relenza als Pulver, das inhaliert wird. Mediziner betonen, dass man die antiviralen Medikamente nur unter ärztlicher Aufsicht bei der echten Mexikogrippe und nicht bei einem grippalen Infekt einnehmen soll. Gegen letzteres sind die Mittel wirkungslos und es wird die Bildung von Resistenzen begünstigt.
In den Apotheken Dubais und Abu Dhabis wurde das verschreibungspflichtige Medikament Tamiflu wegen der aufgekommenen Panik in den letzten Tagen auch ohne Rezept als Prophylaxe herausgegeben. Die Nachfrage war so immens, dass es sogar in einigen Apotheken zum Ausverkauf kam. Um die Bestände besser zu regulieren, forderte die emiratische Gesundheitsbehörde die Apotheker nun dazu auf, Tamiflu nur noch auf Rezept zu vergeben. Gleichzeitig versicherte sie der Bevölkerung, dass es keinen Grund zur Besorgnis gäbe. Es seien über fünf Millionen Medikamente, d.h. mehr als genug, vorrätig.
Viele verängstigte Menschen versuchen sich nun auch mit Alternativ Medizin zu schützen. Enzyklopädien über Homöopathie und Kräuter erfreuen sich großer Beliebtheit. Einige Homöopathen in den VAE preisen den Vorteil von bestimmten Kräutern an, die angeblich bei allen Arten von Influenza, einschließlich Schweinegrippe helfen sollen. Die Gesundheitsbehörde warnt jedoch davor, da es dafür noch nicht hinreichend relevante Untersuchungen und Beweise gäbe und man nicht allein auf die Alternativmedizin vertrauen sollte.
Bisher traten glücklicherweise keine Verdachtsfälle in den Emiraten in Erscheinung. Die Mexiko-Grippe breitet sich zwar langsam aus, bisher aber nicht so schnell, wie ursprünglich erwartet.
Experten meinen, dass das H1N1-Virus genetisch mutieren wird und im kommenden Herbst und Winter besonders gefährlich sein könnte. Bis jetzt weiß niemand, ob diese Grippe zur globalen Epidemie wird oder nicht. Es stellt sich hierbei nicht nur die Frage nach der Herkunft des Virus, sondern auch wie wir einen zukünftigen Grippeausbruch verhindern können. Sicherlich sind es die riesigen Zuchtanlagen und eine unkontrollierte Massentierhaltung, die ideale Voraussetzungen für die Entstehung neuer Virenstämme und Mutationen liefern. Nicht der H1N1 Virus ist eigentlich von Bedeutung, sondern der Prozess, in dem sich weniger ansteckende Grippeviren zu hochansteckenden Viren entwickeln. Die Welternährungsorganisation FAO sieht laut dem ARD-Magazin ebenfalls einen Zusammenhang zwischen der Entstehung für den Menschen gefährlicher Viren und Massentierhaltung. Joachim Otte, FAO-Veterinärepidemiologe meinte dazu: „Viren haben eine sehr kurze Generationszeit und wenn man eine sehr große Zahl von Wirten hat für diese Viren, dann haben sie Evolution im Zeitraffer“. Je mehr Generationen an einem Ort vorhanden sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich irgendwo eine Mutation durchsetzt, die dann auch für den Menschen krankmachend ist.
Diese Krise kann nur gelöst werden, indem wir einmal unsere Nahrungsmittelproduktion überdenken sowie die Auswirkungen von Massentierhaltung auf die öffentliche Gesundheit untersuchen. Strikte Normen für artgerechte Tierhaltung und Qualität in der Lebensmittelkontrolle könnten sicherstellen, dass wir zukünftig besser vor solchen Pandemien geschützt sind.
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