Autofahrer in Dubai außer Rand und Band - Hoffnungsschimmer mit der neuen Metro
von Myriam AlexowitzÜberlastete Verkehrsinfrastruktur, stundenlange Staus und haufenweise Verkehrsunfälle bestimmen den Straßenalltag in den Metropolen der Vereinigten Arabischen Emirate. In Dubai soll die neue Metro für Entlastung sorgen.
Die neue Metro in Dubai
Lösung für das Verkehrsproblem?
Mit Anfahrt auf eine der mehrspurigen Autobahnen, die mitten durch Dubai-Stadt führen, beginnt der alltägliche Straßenkampf mit Stoßgebeten, Flüchen, Bluthochdruck und Schweißausbrüchen. Es gilt einen Blechschaden oder Schlimmeres zu vermeiden. Überholt wird hier von allen Seiten, und es kommt zu einem chaotischen Gedränge und zu einer Art Wettkampf. Wer die meisten Lücken findet und es schafft, seinen Wagen hineinzumanövrieren, hat gewonnen. In Dubai ist die Situation am Schlimmsten. Hier wird gern und aggressiv nach dem Prinzip des Stärkeren gefahren.
Die wichtigen Verbindungsstraßen sind hervorragend ausgebaut und nachts beleuchtet. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt je nach Ausschilderung zwischen 50 und 80 km/h innerhalb der Stadt und 100 bzw. 120 km/h auf Landstraßen und Autobahnen. Doch die wenigsten halten sich an diese Geschwindigkeitsbegrenzung. Obwohl die Emirate weltweit das beste Straßennetz besitzen und viele Maßnahmen zur Regelung des Verkehrs ergriffen haben, wie Radarfallen und polizeiliche Verkehrskontrollen, kommt es immer wieder zu Verstößen und schweren Verkehrsunfällen. Nirgendwo in den VAE wird mehr gerast als in Dubai. Die größten Verkehrssünder sind emiratische Jugendliche im Alter zwischen 18 und 28 Jahren. Allein im Mai dieses Jahres verteilte die Polizei 107.000 Strafzettel. Die meisten davon - 25.000 - gab es für disziplinloses Verkehrsverhalten wie Raserei oder Nötigung, 11.000 gab es wegen Verkehrsbehinderungen und 4100 wegen Fahrens ohne Gurt. Viele der Verkehrsteilnehmer überfahren einfach die roten Ampeln, scheren plötzlich unwillkürlich auf die andere Spur aus oder halten sich nicht an den vorgeschriebenen Abstand. Weitere Ursachen neben rücksichtlosem waghalsigem Verhalten ist Trunkenheit oder Drogeneinfluss am Steuer. Die Polizei wurde deshalb angewiesen, vor allem in der Nacht verstärkt Verkehrskontrollen mit Blutproben durchzuführen, da sich die Zahl der Unfälle durch Alkohol erheblich erhöht hat.
Leutnant Al Mazroui, Direktor des Dubai Police’s Traffic Department, sagte, dass das Fahren unter Alkoholeinfluss hart bestraft wird, gleichgültig aus welchem Land der Fahrer stammt. In Dubai gibt es keine Promillegrenze, es herrscht Nullpromille. Noch härter seien die Strafen, wenn ein Betrunkener in einen Unfall verwickelt ist. Die maximal Strafe für das Fahren unter Einfluss von Alkohol und das Verursachen eines tödlichen Unfalls seien drei Jahre Gefängnis und eine Geldstrafe (Blood money/Blutgeld) von bis zu 200.000 Dirham (etwa 37.200 Euro). Falls dieser Betrag nicht bezahlt werden kann, bleibt der Beklagte so lange in Haft, bis die geforderte Summe bezahlt wird. Die Schuldfrage wird grundsätzlich von der Polizei am Unfallort festgelegt. Selbst bei kleineren Unfällen mit auch nur leichten Blechschäden muss immer die Polizei gerufen werden. Die Autos dürfen nach dem Unfall nicht mehr bewegt werden, ansonsten wird man wie ein Unfallflüchtiger behandelt.
Auf dem im April 2009 stattgefundenen „World Congress on Public Health” in Istanbul erläuterten zwei Vertreterinnen der emiratischen Zayed University, dass fast alle 48 Stunden mindestens eine Person infolge eines Verkehrsunfalls stirbt und alle vier Stunden verletzt wird. In den vergangenen fünf Monaten diesen Jahres sind bereits 102 Menschen auf diese Art ums Leben gekommen. Weltweit sterben jährlich 1,2 Millionen Menschen bei Verkehrsunfällen. Mit an der Spitze liegen laut Statistik die Vereinigten Arabischen Emirate. Dort sind es doppelt soviele Todesopfer wie in den USA, und dreimal so viele wie in Westeuropa. Unter den betroffenen Verkehrsopfern befindet sich auch die Familie eines Landesfürstens, die zwei ihrer Söhne bei einem Autounfall verlor. Um Raser in ihrem Geschwindigkeitsrausch zu warnen bzw. Temposünder zu entlarven, wurden inzwischen fast flächendeckend Tachometer in die Autos (auch in Mietwagen) eingebaut. Wird die Höchstgeschwindigkeit überschritten, erhält der Fahrer zunächst eine optische Warnung auf seinem Display. Ab einem Tempo von 120km/h ertönt ein andauernder piepender Geschwindigkeitswarnton. Bei Ignorierung und Nichteinhaltung drohen Geldstrafen. Doch angesichts der vielen Strafanzeigen, zeigte das System leider bislang noch nicht die von den Behörden gewünschte Wirkung.
Ohne Auto ist man in Dubai aufgeschmissen - mit Auto erst recht. Öffentliche Verkehrsmittel wie Busse gibt es immer noch zu wenig, obwohl es davon schon einige hunderte gibt. Doch sie sind brechend voll. Es sind vor allem die Arbeitskräfte vom indischen Subkontinent, die auf den Busdienst angewiesen sind, da ein eigener Pkw nicht bezahlbar und Taxen vergleichsweise teuer sind. Entlastung soll demnächst die Inbetriebnahme der Dubaier-U-Bahn schaffen, die sich seit Oktober 2005 im Bau befindet. Die Metro wird sowohl unterirdisch als auch oberirdisch fahren. Geplant ist eine Gesamtlänge von 76 km. Die ersten Streckenabschnitte sollen jeweils zwischen September 2009 und März 2010 fertig gestellt sein.
Es sind derzeit folgende drei Linien im Bau: die Red Line, Green Line und Violet Line. Die rote Linie wird 52,1 km lang und insgesamt 29 Stationen umfassen. Sie wird vorwiegend entlang der Sheikh Zayed Road zwischen dem Quartier Al Rashidiya und dem Hafen Jebel Ali verlaufen. Die gesamte Fahrdauer von Endhaltestelle zu Endhaltestelle wird dabei 60 Minuten betragen mit einer Durschnittgeschwindigkeit von 90 km pro Stunde. Die grüne Linie wird mit 23,9 km Länge etwas kürzer sein und 18 Stationen umfassen. Sie wird zwischen Deira und Bur Dubai parallel vom Dubai Creek verlaufen. Am Union Square in Deira, dem Kreuzungspunkt der beiden Linien, wird mit 230 mal 50 Meter auf drei Etagen der flächengrößte unterirdische Metrobahnhof der Welt entstehen. Bis 2012 soll dann die weiter außenliegende „Violette Linie“ mit 49 km Länge folgen. Diese Linie soll dann vor allem die beiden Flughäfen entlang der Emirates Road mit der Innenstadt verbinden. Die etwa 90 eingesetzten Züge werden sich vollautomatisch ohne Fahrer bewegen. Laut der „Roads & Transport Authority“ sollen in den klimatisierten Zugabteilen bis zu 1,2 Millionen Menschen täglich transportiert werden. Die Verkehrsbehörde teilte mit, dass bis zu 700 Busse allein für den Zubringer-Dienst eingesetzt werden würden. Damit soll erreicht werden, dass man praktisch von jeder Bus-Haltestelle die neue Metro erreichen kann. Neben den zahlreichen Überwachungskameras werden zusätzlich 668 Polizisten für ihren Dienst im Untergrund rekrutiert und ausgebildet. Vor allem die Touristen sollen hundertprozentigen Schutz genießen können.
Bleibt zu hoffen, dass sich mit dem Einsatz der Dubaier-Metro, ein großer Teil der bisherigen Verkehrsprobleme doch bald beheben lässt.
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