Dubai in der Krise: Auszug aus dem gelobten Land
von Myriam AlexowitzDie Wirtschaftskrise hat Dubai härter getroffen als erwartet. Bauvorhaben liegen brach, viele Arbeitsbewilligungen und Visa werden storniert, und Tausende verlassen die Stadt. Das Emirat leidet derzeit unter einem akuten Kapitalmangel.
Dubai in der Krise:
Viele Baustellen liegen brach
Der Abzug von Ausgewanderten hat schon am Jahresanfang begonnen. Jeder dritte Expat soll bereits der Stadt den Rücken gekehrt haben. Nach Informationen aus dem indischen Generalkonsulat werden Vorbereitungen getroffen, um 300.000 Bauarbeiter aus Dubai abzuziehen. Auch werden derzeit täglich etwa 1500 Anfragen auf Arbeitserlaubnis und Visa für Dubai abgelehnt. Während die Ausreise bei den asiatischen Arbeitsameisen einer geordneten Deportation gleichkommt, gehen die Ausreisen bei den Westlern etwas schleppender voran. Viele warten ab bis Ende Juni zum Schuljahresabschluss, um dann mit ihren Kindern das Land zu verlassen. Über den Wegzug von Managern, gut bezahlten Experten und Selbstständigen gibt es noch keine genauen Zahlen. Allein für Sommer sollen bei Emirates Airlines und anderen Fluggesellschaften angeblich 100.000 Oneway-Tickets gebucht worden sein. Für das Emirat ist der Exodus von Bauarbeitern, Hotelbediensteten und Managern fatal, für viele der Betroffenen ist es eine Katastrophe. Damit die Massenflucht nicht zum Kollaps führt, hat die Regierung eine Anwesenheitspflicht für die Bewohner eingeführt. Das heißt, die früher so begehrten „Residence Visa“ erhält nur noch, wer nachweislich 186 Tage im Scheichtum verbleibt. Doch das wird wohl so schnell nichts nützen.
Bis Ende 2009, so erwarten die Analysten der Investment-Bank EFG-Hermes, werde die Bevölkerung Dubais insgesamt um 17 Prozent schrumpfen. Doch wie kam es zu der Krise? Dubais Konjunktur ist abhängig vom globalen Kapitalfluss von immer neuen Krediten für neue Hotel-, Geschäfts- und Wohnkomplexe. Sie ist abhängig vom Kreislauf aus Investitionen, Renditen und Schulden. Lokale und internationale Banken halten wegen der globalen Finanzkrise den Daumen auf ihre Geldkästchen. In der Folge pumpen Investoren kein Geld mehr in den Immobilienmarkt. Spekulanten, die in der Vergangenheit haufenweise Objekte mit Darlehen finanziert haben, können ihre Kredite nicht mehr zurückzahlen. Noch letztes Jahr kauften Leute Häuser, die erst auf dem Plan existierten, und verkauften sie eine Woche später zum doppelten Preis. Virtuelle Immobilien wurden zu Spekulationsobjekten. Jeder wurde zum Makler, kein Gesetz hinderte ihn.
Die Baufirmen sowie deren Hauptauftragnehmer stecken mit dem fehlenden Kapitalfluss nun in der Klemme und leiden unter massiven Liquiditätsengpässen für ihre Zulieferer. Die größten Baufirmen in Dubai sollen angeblich pleite sein. Die Arbeiten haben sich verlangsamt, und vieles wurde vorerst vertagt. Einst war hier jeder dritte Kran der Welt am Werk. Nun stehen sie zu Hunderten um unvollendete Wolkenkratzer herum. Die genaue Anzahl der in Dubai gekippten oder verzögerten Projekte ist ein gut gehütetes Geheimnis. Das Finanzblatt «Middle East Economic» schätzt, dass in den Emiraten Bauprojekte im Wert von 335 Milliarden Dollar auf Eis liegen oder aufgegeben wurden - der Löwenanteil davon entfällt auf Dubai. Vertagt wurde vorerst der geplante Zwillingsturm des US-Immobilien-Tycoons Donald Trump auf der künstlichen Insel Palm Jumeirah, der ein Kilometer hohe Wolkenkratzer der Entwicklungsgesellschaft Nakheel sowie Dubai World und der Central Al Maktoum International Airport. Infrastrukturprojekte wie die Metro und der Ausbau der Wasserversorgung seien jedoch weiter auf Kurs.
Dubai hat für seine Vorhaben 80 Milliarden Dollar Schulden angehäuft. Abu Dhabi, das über 94 Prozent der Ölreserven des Landes verfügt, musste im Februar einen Notfonds von 10 Milliarden bereitstellen, damit das Schwesternemirat fällig werdenden Verpflichtungen nachkommen konnte. Oliver Parche von der Außenhandelskammer in Dubai sagt, dass sich die Zahlungsmoral in der Metropole seit Oktober letzten Jahres dramatisch verschlechtert hat und, wenn überhaupt noch Kapital fließt, dann nur sehr schleppend. Etliche Betriebe verdienen derzeit überhaupt nichts. Um die Zahlungsfrist zu verlängern und sich mehr Spielraum gegenüber den Banken zu verschaffen, werden Bauvorhaben später angefangen oder hinausgestreckt. Viele der Auftraggeber haben angefangen wie auf dem Basar zu feilschen und versuchen die Projekte für die Hälfte der Kosten zu realisieren. Große Unternehmen, die finanziell noch genug Spielraum haben, versuchen mit ständigen Telefonappellen und Mahnbriefen an ihr Geld zu kommen: “Man will ja den Kunden, von dem man sich auch künftig Aufträge erhofft, nicht im Gefängnis besuchen”, sagt der Chef eines Bauzulieferers.
Nach Schätzungen von Germany Trade and Invest sinkt das globale Importvolumen der VAE 2009 um 18 Prozent. Außerhalb Europas war die arabische Halbinsel mit einem Gesamtvolumen von 17,8 Mrd. Dollar bisher der viertgrößte Exportmarkt für Deutschland nach den USA, China und Russland. Auch der Referatsleiter für den Mittleren Osten und Nordafrika beim DIHK Felix Neugart rechnet für 2009 mit einem Rückgang im zweistelligen Bereich: „Die Ursache liegt im stark abnehmenden Baugeschäft, insbesondere in Dubai.“
Deutsche Unternehmen gehen unterschiedlich mit der Misere um. Entweder schauen sie sich nach neuen Märkten wie etwa Abu Dhabi, Katar oder Saudi-Arabien um, oder sie suchen Zuflucht beim Anwalt. Die Zahl der Streitfälle hat sich in den Anwaltskanzleien von Dubai verdreifacht. Die Klagewege sind oft lang und teuer. Oft dauert ein Weg durch drei Instanzen in der Regel fünf bis sechs Jahre. Für viele kleine Firmen bedeutet dies das Aus. Mit Insolvenz und der Zahlungsunfähigkeit von Schulden riskieren Firmenchefs eine zweijährige Gefängnisstrafe. Viele Ausländer waren sich der potentiellen Gefahr nicht bewusst, die sie hier im Falle eines Bankrotts erwartet. In den Emiraten ist Insolvenz kein Zivildelikt. Laut Polizeiauskunft sitzen derzeit 450 Schuldner in Dubais Gefängnissen. Dies zeigt, wie ernst die emiratischen Behörden dieses Delikt sehen. Viele mittelständische Unternehmen und Arbeitnehmer stehen vor dem Nichts und haben Angst. Viele von ihnen kamen mit hohen Erwartungen ins Land und haben ihr Geschäft, ihre Apartments und ihr Auto auf Kredit gekauft. Nun sitzen sie auf Bankschulden. Wer entlassen wird, verliert auch sein Visum und hat als Ausländer kein Anrecht auf Sozialleistungen. Arbeitslose Ausländer sind im Geschäftsmodell Dubai nicht vorgesehen. Es bleiben dreißig Tage Zeit, um entweder eine neue Anstellung zu finden oder das Land zu verlassen.
Doch Jobs sind im Moment rar, die Firmen sparen am Personal. Viele der Expats konnten noch vor ein paar Monaten eilig und unbemerkt das Emirat mit dem Flugzeug verlassen. Um diesen Trend zu stoppen, wurde die Ausreise aus Dubai nun erschwert. Raus kommt nur, wer über eine einwandfreie Bonität verfügt. An der Passkontrolle wird gleichzeitig das Konto gecheckt. Wer seine Raten nicht bezahlt hat, fliegt statt nach Hause in den Bau. Diejenigen die es nicht geschafft haben, das Land zu verlassen, schlafen entweder bei Freunden oder in ihren Autos. Arbeitslose werden zu Rechtlosen und ungewollt zu Gesetzesbrechern in Dubai. Denn Unverheiratete dürfen in Dubai nicht unter dem gleichen Dach leben. Es kann reichen, dass sich ein muslimischer Nachbar beschwert, und man ist in Schwierigkeiten. Auch das Übernachten im Auto ist hier nicht gestattet. Aus Angst vor der Polizei parkten die Betroffenen niemals zwei Mal an derselben Stelle. Bisher war diese Praxis eher bei vielen der asiatischen Arbeitnehmer usus, die sich die gestiegenen Mieten nicht leisten konnten. Gerade unverheiratete Männer wurden in dem Emirat in ihren Wagen gesichtet. Diejenigen die kein eigens Auto haben suchen sich einen Wagenbesitzer, der bereit ist, sich mit ihnen das Auto oder den Kleinbus für die Nacht zu teilen. Für die Hilfeleistung gibt es dann ein paar Dollar Spesen. Um ihr Gepäck unterzubringen, sich zu waschen oder ihre Kleidung zu bügeln, haben die Autonomaden auch schon eine Lösung gefunden. Laut der online Zeitung „Gulf News“ bezahlen die Auto-Bewohner für diesen Service anderen Wohnungsmietern zwischen 13 bis 19 Dollar im Monat. Der Zeitung zufolge ist es inzwischen normal, dass Mieter ihre Wohnungen an mehrere andere Bewohner untervermieten. Angesichts der steigenden Mietkosten ist dies eine gute zusätzliche Einnahmequelle für die Bewohner geworden.
Bleibt zu hoffen, dass sich die wirtschaftliche Situation in Dubai bald wieder erholt.
Kommentare
1. niklas schrieb am 30. Juni 2009 um 12:22 Uhr:
Man sieht ,dass der Autor dieses Artikels kein neutraler Mensch ist. Man weiß doch , dass sich die wirtschaftische Lage in Dubai und in den anderen Emiraten verbessert hat und zwar seit April schon.Es gab in den letzten Monaten Dutzende solcher Artikel .Dadurch bin ich zum Pessimist gerworden ,aber ich sehe nur wie die Lage sich verbessert.Meiner Meinung nach ist da einer von der wirtschaftsleistung Dubais neidisch geworden .
2. nico schrieb am 30. Juni 2009 um 15:51 Uhr:
Ganz deiner Meinung.Ich finde auch das sich die lage in Dubai verbessert. Auch wenn es in letzter Zeit viele Artikel gibt die dagegen stimmen.
3. Alexander Pohle schrieb am 30. Juni 2009 um 16:37 Uhr:
Mit Verlaub Frau Alexowitz, aber Sie schreiben hier horrenden Unfug und noch dazu von der Webseite des Herrn Mross (mmnews) ab. Nur ein paar Fakten: Fragen Sie mal die deutsche Schule in Sharja - da gibt es fürs nächste Schuljahr mehr Anmeldungen als je zuvor. Niemand würde Onewaytickets kaufen da die teurer sind als Normaltickets. Wir sitzen hier vor Ort und anlalysieren die wirtschaftliche Situation ausführlich. Googeln Sie mal “DPRE Chronicle”. In Bollywood kennen Sie sich offenbar besser aus.
4. freethinker schrieb am 04. Juli 2009 um 20:28 Uhr:
Ja, es ist schon ein großes Leid was in Dubai passiert! Man kann nur hoffen, dass die Regierung dieses ganze seltsame Vorhaben dort, auch aufgrund der Krise begrenzt. Es ist unglaublich was für Energie diese Kunstwelt der Menschheit kostet.
5. Alexander Akguel schrieb am 26. November 2009 um 16:21 Uhr:
Lieber Niklas, lieber Nico, lieber Alexander Pohle,
am 30.06.09 habt ihr den Artikel als “Bloedsinn” kommentiert. Heute keine 5 Monate spaeter hat Dubai seine Schuldner um Aufschub seiner Kreditrueckzahlungen gebeten, und die Boerse leicht ins trubeln gebracht. Warum? Weil sie in Geld schwimmen. Weil es da so stark aufwaerts geht? ich weiss nicht wie sie zu einer soclh laecherlichen Kommentierung dieses Artikels Ende Juni gekommen sind. Sie verschliessen die Augen vor den Tatsachen. Die “Kopf in den Sand Taktik”. Aber besser vielleicht sie werden wach, bevor sie andere die Artikel, “sehr dich an der Wahrheit” schreiben, derart abfaellig kommentieren.
Aber sicher sind die neuesten Meldungen auch falsch. Traeumen sie weiter meine Herren. Wer zuletzt lacht, lacht am Besten.
6. Rogasi schrieb am 29. Dezember 2009 um 10:08 Uhr:
HAHA, welches Unternehmen arbeiten sie Herr Alexander Pohle, “Wir sitzen hier vor Ort und anlalysieren die wirtschaftliche Situation ausführlich”.
Diesen Artikel kommentieren