Arab Health 2010 in Dubai: Erster bionischer Finger präsentiert
von Myriam AlexowitzDie schottische Firma Touch Bionics präsentierte am 26. Januar 2010 auf dem Dubaier Arab Health Kongress die weltweit ersten bionischen Finger. Die neue Technologie verhilft damit denjenigen zu mehr Unabhängigkeit im Alltag, die ihre Gliedmaßen verloren haben.
Finger-Prothese aus dem alten Ägypten
Der Arab Health Kongress ist weltweit eine der umfassendsten Veranstaltungen für wissenschaftliche und pädagogische Fachkräfte des Gesundheitswesens. Gesponsert wird der jährlich stattfindende Kongress von der „Cleveland Clinic Centre for Continuing Education“. Vom 25 bis zum 28 Januar gab es im Dubaier International Exhibition Centre eine Vielzahl beeindruckender Stände über die neusten medizinischen Technologien, Dienstleistungen und Produkte zu sehen. Daneben konnten Besucher an den 18 international anerkannten Konferenzen mit mehr als 5.000 Delegierten teilnehmen. Über 2500 Aussteller und 55.000 Mediziner, Händler und Zulieferer aus 145 Ländern waren zu Gast.
Besonders Highlight der Messe war die Präsentation der Firma Touch Bionics und ihres neusten Produkts ProDigits - motorgetriebene Bionik-Finger für Patienten, die einen Teil ihrer Hand oder einen ganzen Finger oder mehre Finger verloren haben. Die Firma ist weltweit führend als Entwickler für hochmoderne Bioniktechnologien für die oberen Gliedmaßen. Sie begann bereits 1963 ihre Arbeit mit Forschungsarbeiten über prothetische Lösungen für Contergan Kinder am Princess Margaret Rose Hospital in Edinburgh. Der Name Bionic bedeutet, den Ersatz oder die Verbesserung der Organe oder andere Körperteile durch mechanische Mittel.
Marketing Director Phil Newman sagte zur neusten Innovation, dass es zuvor keine Lösungen speziell für partiell Handamputierte gab. Bis vor kurzem war es für Menschen unmöglich, ohne bewegliche Finger oder ohne Daumen ein Glas oder einen Kugelschreiber zu halten. Die neue Innovation sorgt nun im Alltag für eine riesige Erleichterung und für mehr Unabhängigkeit.
Die Finger von ProDigits können individuell bewegt und kontrolliert werden. Viele verschiedene Konfigurationsmöglichkeiten für die fehlenden Teile der Hand wurden hierbei berücksichtigt. Die Bewegungsabläufe sehen zudem recht natürlich aus. Gegenstände können zielgerecht ergriffen und gehalten werden. Die Steuerung der Finger kann über zwei Verfahren erfolgen: eine Möglichkeit ist über myoelektrische Sensoren, - diese nehmen die verbliebenen Muskelsignale der Finger oder Handfläche aus dem Unterarm auf, - die andere Variante funktioniert über druckempfindliche Schalter in Form eines Touchpads, das auf einen Fingerstumpf oder im umliegenden Gewebe des Mittelhandknochens angebracht ist, um somit den notwendigen Druck für die Aktivierung der Finger zu erzeugen. Ebenfalls bietet das neue System einen Daumen, der in verschiedenen Positionen bis zu 110 Grad rotieren kann.
Das ProDigits zugrunde liegende motorgetriebene Konzept war bisher in der Prothesenbranche kommerziell nicht erhältlich, doch das ändert sich nun. Schon allein deswegen, da der Anteil der Fingeramputierten in der Bevölkerung beträchtlich hoch ist. Weltweit sind es etwa 1,2 Millionen Menschen, die aufgrund von Krieg, Unfällen, Krankheiten oder genetischen Defekten betroffen sind. Bisher hatten sie große Probleme, die passenden Prothesen zu finden. Die Halterung von ProDigits wird von den Kliniken auf jeden Patient maßgeschneidert entworfen und auf die Bedürfnisse angefertigt. Im Moment betragen die Kosten für jedes Gerät ProDigits zwischen £ 35.000 (rund 40.000 Euro) und £ 45.000 (51400 Euro). Insgesamt hat die Firma Touch Bionics drei wichtige Produkte im Prothesenbereich entwickelt,- i-LIMB-Hand, ProDigits und Livingskin. Letztere sind weltweit nun kommerziell erhältlich.
Die i-Limb Hand sieht fast aus wie eine echte Hand. Sie verfügt ebenfalls über 5 individuell funktionierende Finger und ist leicht und robust gefertigt und basiert auf dem neusten Stand der Maschinenbautechnik. Der Benutzer kann damit ganz leicht verschiedene Greiftechniken konfigurieren. Egal ob er schwere Gegenstände tragen muss wie Einkaufstaschen oder runde Dinge greifen wie einen Ball oder einfach nur jemanden die Hand schütteln will. Das i-limb System eignet sich hervorragend sowohl für schnelle und kräftige Bewegungen, als auch für feinmotorische Fertigkeiten. Die verbliebenen Muskelstränge der betroffenen Hand senden immer noch Signale aus, die vom System registriert werden können. Das Signal wird von Elektroden aufgenommen die auf der Oberfläche der Haut sitzen. In fünf Tagen kann der Patient alle notwendigen Bewegungsabläufe unter Anleitung eines dafür vorgesehenen Therapeuten trainieren. Letztes Jahr gewann Touch Bionics für die i-Limb Hand den Product Design Innovation Award vom Institution of Engineering and Technology’s (IET).
Eine weitere fantastische Produktvariante von Touch Bionics ist Livingskin,- eine natürlich aussehende Prothese auf Silikonbasis, die es inzwischen in zehn Hautfarbvarianten gibt. Früher standen nur kaukasischen Hautfarben zur Verfügung, jetzt kann der Hautton maßgeschneidert angefertigt werden, inklusive Sommersprossen oder Behaarung. Die täuschend echte Wirkung wird außerdem durch die exakte Nachbildung der drei menschlichen Hautschichten hervorgerufen.
Die Anfertigung für Livingskin dauert zwischen 8-16 Wochen. Die Haltbarkeit dieser Livingskinprothese beträgt zwischen 2-4 Jahren, je nach Nutzung und Umgang. Um möglichst lange von der Prothese profitieren zu können, sollte man damit möglichst kein Sport damit treiben und die Prothese bei der Körperpflege ausziehen.
In den letzten Jahren wurden im Bereich der Bioniktechnologie hervorragende Resultate erzielt, um Menschen mit fehlenden Gliedmaßen zu unterstützen und ihren Alltag zu erleichtern. Laut Marketing Director von Touch Bionics Phil Newman wird es in ferner Zukunft vielleicht auch Möglichkeiten geben innere Teile des menschlichen Körpers wie Augen oder Herz zu ersetzen. Die Wissenschaftler arbeiten dran. Informationen zur Firma gibt es unter www.touchbionics.com.
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