Karriere oder Haushalt? Emiratische Frauen im Spagat zwischen Tradition und Moderne
von Myriam AlexowitzDer Ölboom hatte den emiratischen Frauen Zugang zu Bildungsmöglichkeiten beschert. Die Mehrheit der weiblichen Bevölkerung profitiert vom Angebot der Universitäten und Hochschulen. Doch nicht alle von ihnen ergreifen nach dem Abschluss einen Beruf.
In den letzten vergangenen Jahrzehnten hat sich das traditionelle emiratische Frauenbild erheblich verändert. Seit Beginn der Landesgründung unterstützen die Herrscher der sieben Emirate diesen Trend. Emiratische Frauen haben das Recht, sich in allen Bereichen der Gesellschaft aktiv zu betätigen, das Recht auf soziale Gerechtigkeit und Gerichtsbarkeit sowie Anspruch auf Titel, Bildung und freie Berufswahl. Diese Grundrechte wurden 1971 in der emiratischen Verfassung gesetzlich verankert. Immer mehr Frauen entschieden sich für eine Weiterbildung an Hochschulen. Die Mehrzahl aller Studenten der VAE Universität und an den technischen Hochschulen (HCT) sind inzwischen Frauen.
Amna Mazam, Studentinnenberaterin am Dubai Women’s College, meint, dass 50-60% ihrer 2,300 Studenten wahrscheinlich nach dem Studium eine Arbeit aufnehmen werden. Bryan Gilroy von der Zayed Universität (ZU) Dubai meint, dass etwa 25 Prozent der Studentinnen von seiner Universität nicht in den Arbeitsprozess eintreten werden. Ähnlich sieht die Tendenz an der technischen Hochschule (HCT) aus. Laut HCT Provost Dr. Mark Drummond werden etwa 30 Prozent der 12.000 Studentinnen trotz Abschluss keine Arbeit danach suchen, hingegen 90 Prozent der 6000 Männer schon.
Viele mögen sich vielleicht fragen, ob die Investition in die Bildung dieser Frauen umsonst war, wenn diese danach keiner Arbeit nachgehen? Bryan Gilroy meint, dass diese Frauen trotzdem einen wertvollen Beitrag zur emiratischen Gesellschaft leisten, indem sie bessere Mütter werden, ihre Kinder mehr fördern und höhere Ansprüche an diese stellen.
Worin liegen jedoch die eigentlichen Ursachen für das Verhalten der jungen Studentinnen keine Arbeit zu suchen?
Eine Minderheit der emiratischen Frauen haben noch immer große Auseinandersetzungen mit ihren Familien bezüglich des Bildungs- und Arbeitsthemas. Vor allem wenn Eltern oder Ehemänner selbst keine höhere Bildung genossen haben, haben sie nur wenig Verständnis für die Karriereambitionen ihrer Töchter. Einigen Mädchen aus sehr traditionellem Hause wird bereits der Besuch einer höheren Bildungsinstitution verwehrt. Die Familie fürchtet, dass ihre Töchter nicht genügend ihren familiären Pflichten nachkommen. Andere Frauen wiederum, die nach dem Studium arbeiten wollen, erleben Restriktionen in ihrer Berufswahl. Sie dürfen sich nur eine Arbeit in einem ausschließlich weiblichen Umfeld suchen. Beliebte Arbeitsplätze sind deshalb an einer Mädchenschule oder einem Frauencollege. Zu groß ist für die Familien die Gefahr eines geschlechtlich gemischten Arbeitsumfelds. Sie haben Angst, dass ihre Töchter versehentlich in zweideutige missverständliche Situationen geraten und sich ihren guten Ruf ruinieren.
Mit dem Wissen, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen alleine nicht ausreichen, um den Emanzipationsgrad der emiratischen Frauen zu steigern, gründete Scheicha Fatima Bint Mubarak am 8. Februar 1973 den ersten Frauenverband des Landes, die Abu Dhabi Women’s Society. In den nachfolgenden Jahren entstanden immer mehr Frauenorganisationen, die sie schließlich 1975 zu einem VAE-Frauenverband zusammenschloss. Der VAE-Frauenverband ist eine autonome Körperschaft mit eigenem Etat und eigener Planung. Der Verband konzentriert sich auf die Förderung der Bildung der Frauen sowie auf die Sozialplanung und die Rolle der Frau in der Berufswelt. Auch Scheicha Latifa Bint Hamdan, die Ehefrau von Scheich Rashid Bin Saeed Al Maktoum, unterstützt Dubais Frauen dabei. Da die emiratische Bevölkerung inzwischen eine Minderheit im eigenen Land und noch sehr auf die Dienstleistungen fremder Einwanderer angewiesen ist, begrüßt die Regierung die Aktion des Frauenverbands, mehr Frauen in allen Berufssparten unterzubringen. Laut Statistik arbeiten inzwischen 1-2 Prozent der emiratischen Frauen in hohen leitenden Positionen, 20 Prozent in der Verwaltung und knapp 80 Prozent noch als Hausfrau.
Diejenigen Frauen, die Karriere machen und in lokalen, internationalen sowie deutschen Büros und Firmen anzutreffen sind, werden von arabischen Männern durchaus als ernstzunehmendeVerhandlungspartner angesehen. Sie haben es geschafft, Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren und beruflich mit den Expats konkurrieren zu können.
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