Überfischung nun auch in der Golfregion
von Myriam AlexowitzDie Überfischung in den Vereinigten Arabischen Emiraten hat inzwischen ein gefährliches Ausmaß erreicht. Sollte die Ausbeutung weiter so fortschreiten, droht eine Katastrophe. Naturschutzorganisationen versuchen deshalb mit verschiedenen Aktionen dem Fischartensterben entgegenzuwirken.
Hätte man zu Beginn des 20. Jahrhunderts behauptet, der Fisch in den Meeren könne einmal zu Ende gehen, wäre man sicherlich für verrückt gehalten worden. Noch immer erscheinen vielen Menschen die Meere grenzenlos und die darin enthaltenen Meeresbewohner unerschöpflich. Noch immer ist vielen scheinbar nicht bewusst, dass durch erbarmungslose Raubzüge die freien Fischbestände bald verschwunden sein werden. Fischereiexperten warnen, dass in 25 Jahren, die Meere einer trüben Suppe aus Algen und Quallen gleichen könnten.
Der dramatische Rückgang des Fischbestands ist aber nicht nur ein kulinarischer Verlust für die reiche Länder, sondern vor allem ein Existenzverlust für etwa 100 Millionen Menschen, die weltweit direkt vom Fischfang als der oft einzigen Proteinquelle für ihre Ernährung leben. Wie konnte es geschehen, dass Tierarten, die bereits seit mehreren hundert Millionen Jahren existieren, in nur einigen Jahrzehnten nun vom Aussterben bedroht sind?
Gründe für die Plünderung der Meere sind der gestiegene Bedarf der Konsumenten, ökonomische Gier und zu wenig politische Maßnahmen. Allein in den Emiraten essen laut Umfrage des EWS mindestens 66 Prozent der Bewohner einmal die Woche Fisch bzw. gefährdete Fischsorten. Laut WWF (World Wide Fund For Nature) und EWS (Emirates Wildlife Society) besteht in den VAE der gesamte Fang aus Fischsorten, die zu 60 Prozent überfischt wurden. Vor allem die Anzahl der Zackenbarsche, auch bekannt unter dem Namen Hamour, ist seit 1978 mehr als 80 Prozent zurückgegangen. Wenn die Verbraucher bald nicht ihre Essgewohnheiten ändern, wird es Fische zukünftig nur noch aus Züchtungsstationen zu essen geben.
Große Schuld für das Desaster tragen vor allem die Fischindustrie sowie illegale Fischereien. In den letzten Jahrzehnten kam es immer wieder dazu, dass reiche Fanggründe einfach leer gefischt wurden. Die Fischer wichen auf immer neue, weiter entfernte Fischbestände aus, um ihre Netze zu füllen. Durch die geschrumpften Fischbestände wurden daraufhin die Fangmethoden immer rabiater. Die Fangschiffe bekamen immer größere Motoren und immer größere Netze. Inzwischen gleichen viele der Fangschiffe wahren Hightechburgen, die mit elektronischen Fischfindern ausgestattet sind. Wo früher scharfkantige Riffe großzügig umfahren werden mussten, um die teuren Netze nicht zu gefährden, sorgen heute präzise 3D-Sonargeräte und Satellitennavigation für metergenaues Befischen selbst schwierigster Fischgründe. Auf dem freien Meer und selbst in tiefen Gewässern können große Fischschwärme geortet und bis auf das letzte Exemplar erbeutet werden.
Fakt ist, dass inzwischen durch die Überfischung vorwiegend junge und kleine Fische gefangen werden. Fische, die noch nicht geschlechtsreif sind und keine Gelegenheit hatten Nachkommen zu zeugen. Schutzgebiete fehlen noch immer größtenteils. Ein weiteres Problem bei den heutigen Fangmethoden ist die Zerstörung der Nahrungsgrundlage der Speisefische. Viele Fische, die von der Industrie mitgefangen werden, sind eigentlich als Speisefisch uninteressant, werden jedoch als Fischmehl oder Fischöl verarbeitet. Durch dieses Verhalten wird den großen Speisefischen die Nahrungsgrundlage entzogen. Laut Welternährungsorganisation gibt es seit vielen Jahren Fangrichtlinien, aber keine der 53 größten Fischfangnationen hält sie ein. Hohe Strafen bei Verstößen, werden nur selten verhängt. Auch in den VAE wird von Seiten der Regierung in dieser Hinsicht noch zu wenig unternommen.
Wenn wir alle nicht grundlegend unser Verhalten ändern, ist dies das letzte Jahrhundert, in dem wir frei lebende Fische auf unseren Tellern haben. Nur noch drei Prozent der weltweiten Fischbestände gelten als wenig befischt. Letztlich richtet sich die Nachfrage nach dem Verbraucher. Wir als Konsumenten können den Markt verändern.
Die Emirates Wildlife Society hatte in Zusammenarbeit mit dem WWF deshalb eine Umfrage zum Thema Überfischung und bedrohte Arten in der emiratischen Bevölkerung durchgeführt. Das Ergebnis war, dass 70 Prozent der Befragten ihren Fischkonsum umstellen würden, wenn sie eine Orientierungshilfe bzw. einen Leitfaden über bedrohte Fischarten bekommen könnten. EWS und WWF haben daraufhin einen Leitfaden über 19 Fischarten herausgebracht, die in den Emiraten gerne konsumiert werden. Verbraucher können nun auf einer Farbskala ablesen, welche Fischsorten vom Aussterben bedroht sind und welche noch nicht. Ebenfalls können Konsumenten an einer Unterschriftenaktion mitmachen und Einzelhändler, Supermarktketten und Restaurantbesitzer dazu motivieren, ihr Sortiment zu verändern. In Zukunft wollen die beiden Naturschutzorganisationen auch Fisch- und Meeresfrüchte Lieferanten in ihre Schutzaktionen miteinbeziehen.
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