Taubenplage in Dubai: Tauben haben Dubai als Schlaraffenland für sich entdeckt
von Myriam AlexowitzMit einem reichhaltigen Angebot an Unterschlupf, Nistmöglichkeiten, Wasser und natürlich viel Nahrung ist die Anzahl der Tauben in den letzten Jahren in der Metropole gewaltig explodiert. Die grauen Vögel haben sich inzwischen zu einem echten Ärgernis für die Bewohner entwickelt.
Immer mehr Tauben auch in Dubai
Die Straßentaube Columba livia ist eine der erfolgreichsten Tierarten im städtischen Lebensraum. Wie kaum eine andere Vogelart hat sich die Stadttaube, die Nachfahrin der Felstaube, am anpassungsfähigsten entwickelt. Es gibt kaum eine größere Stadt ohne große Taubenpopulation. Ihr Weltbestand wird auf rund 500 Millionen Individuen geschätzt. Städte bieten ihnen aufgrund der menschlichen Lebensbedingungen ideale Voraussetzungen.
Auch Dubai ist zum attraktiven Aufenthaltsort für die Vögel geworden. Das Taubenproblem erstreckt sich über die ganze Stadt und Umgebung. Vom Distrikt Karama, Bur Dubai und Deira bis hin zu den 5 Sterne Hotels und Industriegebäuden in Jebel Ali und Jumeirah. Die Vögel haben sich unkontrolliert vermehrt und zur regelrechten Plage entwickelt. Tauben sind sehr fruchtbar und brüten vier- bis fünfmal im Jahr. Sie gelten als Krankheitsüberträger von Durchfall, Lungenentzündung, Enzephalitis und anderen Krankheiten. Dies geschieht durch Tröpfcheninfektion, direkten Kontakt oder aufgewirbelte Kot- und Federreste. Der im Taubenkot enthaltene Ammoniak zerstört zunehmend Gebäude, Dächer, Maschinen und Klimaanlagen. Selbst modernste Baumaterialien wie z.B. Beton, Aluminium, Sandstein, Marmor und Stahl halten der Säure nicht stand. Die Substanz dringt in das Material ein und macht es spröde und unansehnlich. Man bedenke, eine Taube produziert jährlich ca. 12 kg Nasskot. Tauben sind gesellig und neigen dazu, in Herden von etwa zwanzig bis dreißig Vögel zu leben. Die Reinigungskosten belaufen sich somit auf ein Vielfaches.
Wenn eine Tierart dem Menschen schadet oder lästig wird, versucht er zuerst meist, einfach möglichst viele Individuen zu töten. Die Erfahrung beispielsweise in einigen europäischen Städten zeigte jedoch, dass es nicht möglich ist, einen Taubenbestand durch eine Erhöhung der Mortalität nachhaltig zu reduzieren, wenn nicht gleichzeitig auch die Nahrungsgrundlage gesenkt wird. Reine Tötungsaktionen durch Abschuss, Fang oder Vergiftung waren erfolglos. Auch der Versuch mit der Taubenpille die Geburtenrate zu senken, scheiterte, da es kaum möglich ist, alle Tiere einer Stadt zu erfassen.
In Dubai ist die direkte Tötung von Tauben verboten. Die Stadt versucht der Plage mit verschiedenen Abwehrsystemen Herr zu werden. Schädlingsbekämpfer statten die potentiellen Anflugflächen mit Spanndrähten, PVC-Netzen und Spikes aus oder sie behandeln die Bereiche mit einem speziellen Anti-Spray. In dessen Substanz sind Geruchsstoffe und Salze enthalten, die eine unangenehme Wirkung auf die Tiere haben. Die Wirkung ist jedoch nicht dauerhaft und muss nach etwa einem Jahr erneuert werden. Am effektivsten hat sich als Abwehrmaßnahme der Einsatz von fliegenden Falken erwiesen. Die Al Hurr Falknerei mit Sitz in Nad Al Sheba verwendet 21 Wanderfalken, von denen 14 ständig Patrouille u.a. über Jumeirah fliegen. David Stead, Geschäftsführer von Al Hurr, sagt, dass Tauben eine der am schnellsten Vögel in der Luft sind, und einer der wenigen Raubvögel, die sie fangen können, sind Falken. Der Kampf mit den Tauben ist ein “Zermürbungskrieg“. Man muss schon mindestens 5 Tage in der Woche für einen längeren Zeitraum mit den Falken vor den Gebäuden Präsenz zeigen. Die Tauben müssen denken, dass der Falke in der Nähe wohnt. Das ist der einzige Weg, um sie zu vertreiben. Tauben legen ein äußerst hartnäckiges Verhalten an den Tag. Die Gemeinde Dubais selbst stellt zusätzlich Fallen auf. Die gefangenen Tiere werden dann an der Falkenklinik in Abu Dhabi als Futtermittel abgegeben.
Einige Dubaier Schädlingsbekämpfer sind der Ansicht, dass die Zerstörung der Gebäude zugenommen hätte, da viele Mieter und Wohnungseigentümer nicht bereit wären, in präventive Maßnahmen wie Spikes zu investieren. Spikes sind eine Möglichkeit um die Tauben vom Dach oder Balkon fernzuhalten. Den Vögeln wird durch die spitzen Nägel eine Landung unmöglich gemacht. Doch da auf dem Dubaier Wohnungsmarkt eine starke Fluktuation herrscht, sind solche Investitionen für die Mieter und Eigentümer nicht attraktiv.
Letztendlich lösen Taubenabwehrsysteme nicht wirklich das Problem, sondern verlagern es auf das nächst gelegene ungeschützte Haus. Straßentauben sind in der Lage beinahe jedes Abwehrsystem zu überwinden. Ökologisch gesehen, ist die die bestehende Nahrungsgrundlage die Hauptursache für die große Straßentaubenpopulation und aller daraus entstehenden Probleme. Die Attraktivität eines Hauses für die Besiedlung durch Vögel wird durch zwei Komponenten bestimmt: Eignet sich das Gebäude für die Futtersuche und eignet sich das Gebäude zur Aufzucht von Jungen?
Doch was kann man effektiv gegen die Taubenplage nun tun? Gab es in der Vergangenheit sprich anderen Jahrhunderten schon derartige Probleme bzw. Aversionen? So wie folgende Beispiele zeigen scheinbar nicht.
Die alten Ägypter sowie die Assyrer, Phönizier und Griechen hielten die domestizierte Form der Felstaube in eigens dafür errichteten Taubenschlägen. In den staatlichen Taubentürmen sollen 5`000 Tauben gelebt haben, die streng bewacht wurden. Taubenschläge dienten in erster Linie zur Produktion von wertvollem Dünger, der auch exportiert wurde. Taubenkot wurde als Dünger für den Gemüse- und Weinbau gesammelt. Er soll den wasserhaltigen Früchten einen würzigen Geschmack geben und bei blühenden Pflanzen die Farbe intensivieren. Vergleicht man den Taubendung mit anderem Mist, so fällt auf, dass er nicht nur sehr stickstoffhaltig ist (1,76 %), sondern auch einen hohen Gehalt an Phosphor (1,78 %), Kalium, Magnesium und Kalk aufweist. Der Taubenkot hat im Vergleich zu anderem Mist am meisten organische Substanz (3,8 %). Der Taubenkot braucht ca. ein Jahr bis zur Kompostreife und sollte mit Lehm vorher vermischt werden. Nie darf man frischen Taubendung im Garten verwenden, da sonst die Pflanzen verbrennen würden.
Rund um das Mittelmeer schätzte man seit Jahrtausenden die Haustaube als Lieferant von bekömmlichem Fleisch und nährstoffreichem Dünger. Auch heute noch sieht man u.a. in der Türkei, dem Nildelta Oberägyptens und Iran viele aus Lehm errichtete Taubentürme auf den Feldern der Bauern. Doch nicht nur als Dünger war der Taubendung beliebt. Im 16. Jahrhundert wurde in England aus Taubenmist zeitweise sogar Salpeter gewonnen und zur Herstellung von Schießpulver verwendet. Beliebt war er auch bei den Gerbern, die ihn zum Gerben des Leders verwendeten. Im Mittelalter versuchte man mit Taubenmist gar Ehebrecher zu heilen. Mit einem Trunk, der aus Öl, Wein und Taubenkot bestand galt er als treffliches Mittel, die Triebe des “Süchtigen” zu zügeln.
Vielleicht kann man etwas aus der Vergangenheit lernen und der heutigen Taubenplage damit entgegenwirken?
Städte wie Basel, Tübingen und Berlin haben sich das Wissen der Vergangenheit zu Nutze gemacht. Sie weisen inzwischen ein erfolgreiches Taubenmanagement auf, indem die Gemeinden für die Stadttauben ideale attraktive Taubenschläge eingerichtet haben. Diese werden regelmäßig betreut und der Taubenbestand kann nun besser kontrolliert und reguliert werden. Zusätzlich wurden die übrigen Nistplätze mit physikalischen Abwehrmaßnahmen unzugänglich gemacht. Begleitend wurde das Futterangebot reduziert, wobei nur bestimmte Fütterungszonen zur Begegnung Mensch-Taube erhalten blieben. Das Modellprojekt zeigte Erfolg. Das Taubenproblem wurde gezielt, umweltschonend, tierschutzgerecht und nachhaltig angegangen. Die Gebäudeverschmutzung reduzierte sich und der Taubenbestand wurde in wenigen Jahren um ein Drittel reduziert. Es wäre wünschenswert, wenn dieses Modell auch in anderen Städten Schule machen würde.
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