Dubai und die VAE feiern Welt-Autismus Tag
von Myriam AlexowitzAm 2. April 2010 war Welt-Autismustag. Gemeinsam machten die VAE mit anderen Nationen an diesem Tag auf die Krankheit aufmerksam. Autismus ist noch immer eine mysteriöse Krankheit, die weltweit alarmierend wächst.
Autistischer Junge
Foto: Andwhatsnext/Lizenz
Den Gedenktag feierte Dubais Autismus-Zentrum mit einer Reihe von Fachvorträgen, Konferenzen sowie einem bunten Sport-und Unterhaltungsprogramm. Die Organisatoren wollten mit dieser Aktion ihre Solidarität mit den Betroffenen und Angehörigen bekunden und die Krankheit in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rücken. Viele Autisten werden immer noch diskriminiert und abgelehnt. Das Ziel des Zentrums ist es, die Lebenssituation von autistischen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen weiter zu verbessern. Der Gedenktag für die Autisten wurde am 18. Dezember 2007 von der UN ins Leben gerufen und nun zum dritten Mal weltweit gefeiert. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen gibt es weltweit etwa 35 Millionen Autisten.
Auch in Dubai ist die Anzahl der Erkrankten angestiegen. Im Dubai Autismus-Zentrum, das am 18.11.2001 vom letzten Dubaier Herrscher H.H. Sheikh Maktoum Bin Rashid Al Maktoum ins Leben gerufen wurde, gibt es noch eine riesige Warteliste. Bisher konnten nur 48 Kinder aufgenommen werden. Das Zentrum bietet ein umfangreiches Serviceangebot, was auch seinen Preis hat. Rund Dh 45,000 (ca. 9037 Euro) müssen Eltern im Monat für die Therapien ihres erkrankten Kind ausgeben. Das Zentrum arbeitet mit der Zayed Universität zusammen und nimmt ebenfalls an emiratischen Forschungsstudien teil. Für die Zukunft ist der Bau von weiteren neuen Zentren in Dubai geplant.
Was ist nun Autismus und wie äußert sich das Krankheitsbild?
Autismus ist nach wie vor eine sehr rätselhafte Erkrankung, deren genaue Ursachen bislang im Unklaren liegen. Erst seit den 80er Jahren wurde Autismus allgemein als eigenes Krankheitsbild anerkannt. Nach Meinung der Mediziner und Forscher ist Autismus eine angeborene, unheilbare Wahrnehmungs- und Informationsverarbeitungsstörung des Gehirns, der komplexe Störungen des zentralen Nervensystems zugrunde liegen und die sich schon im frühen Kindesalter bemerkbar macht. Die Symptome und die individuellen Ausprägungen des Autismus sind vielfältig und weisen unterschiedliche Schweregrade auf. Sie können von leichten Verhaltensproblemen bis zur schweren geistigen Behinderung reichen.
Zu den bekanntesten autistischen Hauptformen zählen der frühkindlichen Autismus, das Asperger-Syndrom, der atypische Autismus und das Rett-Syndrom. Beim frühkindlichen Autismus, dem so genannten Kanner-Syndrom, zeigt bereits der Säugling Auffälligkeiten in seinem Sozialverhalten. Sie scheinen andere Menschen überhaupt nicht wahrzunehmen. Sie schauen andere Menschen nicht an, begrüßen sie nicht und suchen auch keinen Körperkontakt zu ihren Eltern. Diese Autismus-Form tritt sehr selten auf, und wenn, dann fast nur bei den männlichen Nachkommen. Zu den milderen Formen der autistischen Störung gehören das Asperger-Syndrom und der atypische Autismus. Das Asperger Syndrom tritt meist erst im Kindergarten oder in der Grundschule auf und betrifft fast nur Jungen. Der atypische Autismus betrifft beiderlei Geschlecht, die Symptome sind etwa ab dem 3. Lebensjahr zu erkennen. Bei diesen beiden genannten milden Formen ist der Kontakt zu Eltern und anderen Kindern minimal vorhanden. In der Regel liegen hier keine Sprachschwierigkeiten vor.
Eine weitere tiefgreifende Entwicklungsstörung mit autistischen Zügen ist das Rett-Syndrom. Es betrifft ausschließlich Mädchen. Die ersten Symptome treten hierbei zwischen dem 6. Lebensmonat und dem 4. Lebensjahr auf. Die körperliche als auch die geistige Entwicklung der Mädchen verlangsamt sich plötzlich bzw. bricht gänzlich ab. Die Frauen werden im Laufe ihres Lebens zunehmend pflegebedürftig und sterben in der Regel im Alter zwischen 40 und 50 Jahren.
Autistische Menschen weisen trotz unterschiedlicher Formen mehr oder weniger gemeinsame prägnante Persönlichkeitsmerkmale auf. Beispielsweise sind die Betroffenen nahezu unfähig, zu anderen Menschen eine interaktive, vertrauensvolle Beziehung aufzubauen. Sie kapseln sich auffällig ständig von ihrer Umwelt ab und reagieren nicht auf Ansprache. Autisten fällt es schwer, eigene Bedürfnisse und Gefühle auszudrücken oder die Körpersprache und Gesten ihrer Mitmenschen angemessen einzuschätzen. Sie weichen Blickkontakten meist aus und lehnen Körperkontakt ab. Im Vergleich zu gesunden Kindern zeigen sie kaum Nachahmungsverhalten. Autisten nehmen Sinneseindrücke anders wahr und verarbeiten sie anders als nicht-autistische Menschen. Neben diesen spezifischen diagnostischen Merkmalen zeigt sich häufig auch eine Vielzahl von unspezifischen Problemen, wie Phobien, Schlaf- und Ess-Störungen, Wutausbrüche und Auto-Aggressionen.
Wie entsteht Autismus?
Trotz umfangreicher Forschungsergebnisse gibt es bislang noch keine endgültige Erklärung über die Entstehungsursachen. Nach bisherigem Erkenntnisstand spielen eine bedeutende Rolle erbliche Faktoren sowie biologische und neurologische Einflüsse. Aktuelle Studien aus den USA und Europa besagen, dass dieser Krankheit u.a. auch genetische Mutationen zugrunde liegen. In den durchgeführten molekulargenetischen Untersuchungen versuchten Forscher, die dafür verantwortlichen genetischen Mechanismen zu entschlüsseln. Sie gingen davon aus, dass nicht ein Gen alleine für die Erkrankung verantwortlich ist, sondern dass hierbei viele verschiedene Faktoren zusammenwirken. Über einem mehrjährigen Zeitraum wurden Geschwisterpaare untersucht, die an Autismus erkrankt waren. Die Ergebnisse förderten zutage, dass vier bis zehn Genfaktoren an der Entstehung des Autismus beteiligt sind. Auch fanden die Forscher heraus, dass bei der Erkrankung eines nahen Verwandten, eine 80fach hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein weiterer Nachkomme in dieser Familie ebenfalls an Autismus erkrankt. Weitere Langzeitstudien der University of California ergaben, dass das Alter der werdenden Eltern eine große Rolle spielt. Bei über 40-jährigen schwangeren Frauen ist das Risiko doppelt so hoch, dass ihr Kind an Autismus leiden wird als bei einer schwangeren Frau im Alter zwischen 25 bis 29 Jahren. Beim Mann wiederum ist das Alter nur ausschlaggebend, wenn er als über 40 jähriger mit einer unter 25 jährigen Frau ein gemeinsames Kind zeugt. Dann ist das Autismus-Risiko doppelt so hoch wie bei jungen Frauen, die ein Kind mit Männern der Altersgruppe von 25 bis 29 Jahren haben.
Bei der Entstehung von Autismus spielen auch biochemische Faktoren eine Rolle. Beispielsweise stellten Forscher fest, dass Autisten einen erhöhten Serotoninspiegel im Blut aufweisen. Darüber hinaus reagierte das Immunsystem einiger autistischer Kinder auf Serotonin mit einer Abwehrreaktion. Dieser Botenstoff ist verantwortlich für die Übertragung der Informationen im Gehirn zwischen den Nervenzellen. Das erklärt möglicherweise das problematische Sozialverhalten, die Aufmerksamkeitsdefizite und die Lernschwierigkeiten autistischer Menschen.
Auch neurologische Faktoren kommen als Ursache für Autismus infrage. Autistischer Kinder wiesen eine verminderte Durchblutung des Gehirns auf. Gehirnareale, die für die Sprachentwicklung, die Intelligenz und das Sozialverhalten verantwortlich sind, waren bei einigen autistischen Kindern unterentwickelt. Ausgelöst wurden die Störungen bzw. Fehlentwicklungen durch eine vorangegangene Rötelerkrankung in der Schwangerschaft.
Wie kann man Autistische Störungen behandeln?
Eine vollständige Heilung ist nicht möglich, nur die Symptome können gemildert werden. Je früher Autismus festgestellt wird, desto eher können die betroffenen Kinder individuell behandelt und gefördert werden. Im Mittelpunkt stehen Methoden wie Logopädie und Verhaltenstherapie. Hierbei lernen die Betroffenen Schritt für Schritt, sich zu artikulieren, mit anderen in Kontakt zu treten und Beziehungen aufzubauen. Im Dubai Autismus Zentrum werden außerdem auch kreative Therapieverfahren wie Körper-, Musik-, Kunst- und Computertherapie eingesetzt. Die Chancen, dass Autismus einen günstigen Verlauf nimmt, sind unterschiedlich - je nach dem welche Form des Autismus vorliegt und wie stark die Entwicklung eingeschränkt ist. Menschen mit einer abgemilderten Autismusform können als Erwachsene ihren Alltag meist selbstständig gestalten und einen Beruf ausüben. Menschen, mit einem frühkindlicher Autismus oder Rett-Syndrom benötigen meist starke Unterstützung bei ihrer Lebensführung. Sie bleiben bei ihren Familien oder leben in sozialen Einrichtungen.
Weitere Informationen zu dem Thema und dem Dubai Autismus Zentrum gibt es unter www.dubaiautismcenter.ae.
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